samedi, 16 juin 2018 22:23

Test 19 freins VTT - Enduro MTB

Noch nie hatten es Bremsen so schwer wie heute. Die Trails werden härter, die Reifen bissiger und wir immer schneller. Doch um richtig schnell zu sein, muss man auch schnell langsam werden können. Welche Bremse ist also die beste? Wir haben es mit einem großen Labor- und Praxistest herausgefunden!

Schnell fahren fühlt sich einfach verdammt gut an! Kein Wunder, dass wir abends in der Bar mit unseren Kumpels ständig darüber fachsimpeln, wie man den Trail noch etwas schneller fahren kann, um noch einen neuen KOM zu holen. Und es bleibt nicht nur bei der Theorie, wir werden auch schneller: Jedes Jahr gibt es bessere Reifen, bessere Bikes und das eigene Level steigt. Obendrein wird das Gelände immer anspruchsvoller. Klar, dass eine gute Bremse da entscheidend ist. Doch was zeichnet sie eigentlich aus? Sie muss zuverlässig, einfach zu warten, leicht und am besten auch noch erschwinglich sein. In den letzten vier Monaten hat unser Test-Team 19 Bremsen bei jedem Wetter – auch im Schnee – getestet und dabei verzogenen Scheiben, kochender Bremsflüssigkeit und verglasten Belägen keine Chance gelassen, sich zu verbergen.

 

Übersicht

Bremse Preis* Gewicht** Durschn. Bremskraft 30-15 km/h 45-0 km/h
Formula Cura 124 € 466 g 74,3 Nm 1,7 s 8,0 s
Hope T3 E4 215 € 488 g 73,1 Nm 2,8 s 9,8 s
Hope T3 V4 235 € 490 g 74,8 Nm 3,3 s 12,7 s
Magura MT5 111 € 470 g 90,1 Nm 1,7 s 10,4 s
Magura MT7 219 € 488 g 99,3 Nm 1,6 s 5,2
Magura MT Trail Carbon 579 € (Set) 429 g 101,2/89,2 Nm 2,5/2,9 s 9,6/10,8 s
Magura MT Trail Sport 219 € (Set) 458 g 85,1/68,1 Nm 1,8/2,3 s 7,6/9,8 s
Shimano Deore 73 € 548 g 69,9 Nm 3,0 s 9,6 s
Shimano Saint 237 € 594 g 83 Nm 1,4 s 8,8 s
Shimano XT 146 € 528 g 78,4 Nm 3,4 s 9,3 s
Shimano Zee 157 € 576 g 75,2 Nm 1,7 s 12,0 s
SRAM Code R 170 € 514 g 69,2 Nm 3,1 s 11,9 s
SRAM Code RSC 270 € 566 g 70,6 Nm 2,4 s 8,5
SRAM Guide T 117 € 546 g 55,1 Nm 3,4 s 10,2 s
SRAM Guide Ultimate 301 € 446 g 71,7 Nm 3,1 s 12,2 s
SRAM Level Ultimate 310 € 352 g 62,1 Nm 2,8 s 9,7 s
Trickstuff Direttissima 375 € 388 g 114,7 Nm 1,1 s 6,2
TRP G-Spec Quadiem 219 € 608 g 66,2 Nm 2,2 s 7,7 s
TRP G-Spec Slate 219 € 574 g 55,0 Nm 3,9 s 10,5 s

*Einzelbremse (außer Magura MT Trail-Modelle da spezifische Sättel für Hinter-und Vorderrad)
**vorne + hiten, ohne Scheiben

Das Limit einer Bremse zeigt sich nur im Labor

Auf dem Trail ist es nicht möglich, die kraftvollen Bremsen konstant an ihrem Limit zu vergleichen. Der rutschige Untergrund, die Wetterbedingungen und endlose Lines machen einem einen Strich durch die Rechnung. Deshalb haben wir alle Bremsen zwei Tage lang auf dem computergesteuerten Prüfstand von Hope Tech gequält. Der typisch metallisch-verbrannte Geruch, den man von Passtraßen kennt, lag in der Luft und jeder noch so kleine Parameter wurde mit enormer Genauigkeit aufgezeichnet. Jede Bremse wurde derselben erbarmungslosen Prozedur unterzogen. Die Bremsen wurden in Kombination mit den 180er-Bremsscheiben der jeweiligen Marke zunächst 80 Mal mit einer heftigen Bremsung bei 100 kg simuliertem Fahrergewicht eingebremst. Wenn sie eingebremst waren und keine Änderungen der Bremskraft mehr festgestellt werden konnte, begann der eigentliche Test. Er bestand aus 20 kraftvollen Bremsungen von 35 auf 15 km/h und 20 Wiederholungen von 35 auf 0 km/h sowie dem Härtetest: 10 wiederholte Bremsungen von 45 auf 0 km/h. Die Bremsscheiben wurden bis zu 400 °C heiß und kaum eine Bremse war gefeit gegen Fading, also verringerte Reibung durch in den Belägen entstehendes Gas.

Die maximale Power im Labor hat keine Bedeutung

Die Bremsen sind unglaublich kraftvoll: Wenn nur ausreichend Kraft auf den Hebel wirkt, könnte jede von ihnen mehr Power entwickeln, als je auf einen MTB-Reifen übertragen werden kann. Die Absolutwerte aus dem Labor sagen nicht aus, wenn man sie nicht auf den einzelnen Finger bezieht, der die Bremse betätigt. Nach einem ausführlichen Optimierungsprozess kamen wir zu dem Verfahren, den Bremshebel analog zur Kraft eines menschlichen Fingers mit 40 N, also in etwa 4 kg, zu belasten. Bei allen Hebeln haben wir den Druckpunkt möglichst weit nach außen gestellt. Das gab uns ein realistisches Ergebnis, wie viel Power eine Bremse bei einem kraftvollen Fingerzug wirklich entwickelt.

Warum die Verzögerung wichtiger ist als Power

Bremsen zu vergleichen kann ja nicht so schwer sein – mehr Bremskraft bedeutet bessere Performance, oder? Ganz so einfach ist es leider nicht. Bei der Auswertung der Graphen des Bremsvorgangs haben wir gesehen, dass das Material der Beläge relevanter ist als die eigentliche Kraft. Einige Bremsen wiesen zunächst hohe Bremsmomente auf, aber nach einer Sekunde fiel die Leistung dramatisch ab, weil sich die Beläge erhitzt hatten. Die besten Bremsen sind in der Lage, ein konstantes Bremsmoment zu liefern, was zu einer schnellen Bremsung führt. Die Zeit für eine Bremsung von 35 auf 15 km/h ist sehr repräsentativ für schnelle Fahrten und sagt mehr aus als nur die maximale Bremskraft.

Die Bremsen auf dem Trail

Zahlenwerte aus dem Labor sind das eine, die Welt da draußen ist das andere. Auf dem Trail haben wir alle Bremsen unter Realbedingungen getestet. Regen, Schlamm, aber auch Ermüdung und Angst sind Größen, die man nicht im Labor testen kann. Die Daten aus dem Messstand geben zwar gute Anhaltspunkte, sind aber nur ein Teil der Wahrheit. Eine sehr starke, aber schwer dosierbare Bremse zu benutzen, ist wie mit einem 1.000-PS-Wagen ohne ESP über Schotterpisten zu heizen. Vier Monate lang haben unsere Tester die Bremsen mit 200/180er-Scheiben und einer einheitlichen (und großartigen) MAXXIS Minion DHF/DHR II-Reifenkombination Tausende Trailkilometer getestet. Kraft ist wichtig, aber das Wichtigste ist, wie sie sich auf dem Trail kontrollieren lässt. Es geht um Dosierbarkeit und Zuverlässigkeit.

Ohne Halt ist Kraft bedeutungslos. Aus diesem Grund haben wir alle Testbikes mit dem Maxxis DHF & DHR II Reifen ausgestattet.
 

Die fünf Gesetze der Entschleunigung

Die Herausforderungen einer Scheibenbremse haben sich weiterentwickelt und neue Akteure haben den Status quo aufgebrochen. Am Ende unseres Tests hatten wir fünf Gesetze der Entschleunigung entdeckt.

1. Die äußeren Werte zählen

Ist die neue Generation leichter und günstigerer Vierkolbenbremsen das Ende der leichten Zweikolbenbremse? Gewicht sparen ist gut, aber nur an der richtigen Stelle. Zwischen der SRAM Guide und CODE liegen nur 20–30 g Unterschied, also ehrlich gesagt nicht besonders viel, doch in Sachen Performance ist die CODE wesentlich besser. Wir würden niemals Bremsperformance für Gewichtsersparnis opfern und es ist an der Zeit, starke Bremsen auch jenseits von Downhillbikes einzusetzen. Alle Bikes sollten mit kräftigen, zuverlässigen Bremsen ausgestattet werden – egal in welcher Kategorie!

2. Große Bremsscheiben sorgen für mehr Kontrolle

Das Upgrade von 180er auf 200er-Bremsscheiben verringerte in unserem Labortest nicht nur die Bremszeit um durchschnittlich 18 %, man brauchte auch weniger Kraft, sodass die Arme weniger schnell zu machen und ermüden. Außerdem wird die Dosierbarkeit besser. Wenn man mit einer Bremse Probleme hat und mit 180er-Scheiben fährt, wird man mit einer größeren Scheibe eine Verbesserung feststellen. Wir empfehlen als Minimum eine 200/180er-Kombi und aggressiven 29“-Fahrern eine 200/200er-Kombi, vielleicht in Zukunft sogar 220 mm vorn.

3. Der Belag bremst, nicht der Hebel

Egal wie gut die Hebel sind, egal wie groß die Kolben, am Ende sind es die Beläge, die die ganze Kraft übertragen. Gute Bremsbeläge sind der ausschlaggebende Punkt für kraftvolles Abbremsen. Gesinterte Beläge sorgen mit ihrem metallischen Grundmaterial für maximale Performance auf langen Abfahrten, während organische Beläge sehr viel Biss bieten. Auch die Angebote von Fremdherstellern sollte man in Betracht ziehen: In unseren Tests lieferte die SRAM CODE R mit Trickstuff Power+ Belägen im Schnitt 20 % mehr Bremsmoment und um 18 % bessere Bremszeiten. Und leiser waren sie auch noch.

4. Einbremsen ist alles

Das korrekte Einbremsen macht einen großen Unterschied. Anfangs wiederholte Bremsungen hinterlassen eine dünne Schicht Bremsbelag auf der Scheibe und sorgen für maximale Reibung und Performance. Auf dem Prüfstand haben wir die Beläge mit einem zwei Mal durchgeführten Set von 20 Wiederholungen von einsekündigen Bremsungen von 15 km/h und anschließend 20 Wiederholungen von zweisekündigen Bremsungen von 15 km/h eingebremst. Wir haben festgestellt, dass sich das Bremsmoment über diesen Prozess um ungefähr 60 % verbessert hat.

5. Mineralöl for President!

Mineralöl und DOT haben ähnliche Siedepunkte, aber während Mineralöl relativ harmlos und unkompliziert ist, nimmt DOT nicht nur Feuchtigkeit aus der Umgebung auf und kann so theoretisch an Performance verlieren, es ist auch noch giftig und korrosiv. Ein paar Spritzer reichen, um den Lack deines Bikes zu beschädigen, und in der Umwelt und auf der Haut richtet es auch Schäden an. Wenn eine Bremse auf DOT ausgelegt ist, kann man es leider nicht einfach durch Mineralöl ersetzen, das würde die Dichtungen zerstören. So viele gute Bremsen setzen bereits auf Mineralöl, es sollten sich endlich alle Hersteller von dem giftigen DOT verabschieden!

Das Fazit

Welche Bremse ist also am besten? Einen Gewinner zu bestimmen ist gar nicht so einfach, denn Bremsen sind, wie so vieles im Leben, eine sehr persönliche Sache: Manche möchten, dass die Bremse zu Beginn sanft wie eine Feder über die Scheibe streicht, andere wollen, dass sie gleich ordentlich zupackt. Für alle Fahrer in den Alpen, mit viel Gewicht oder einfach einer Vorliebe für brachiale Power sind die MAGURA MT7 und die Shimano SAINT in Sachen Wertigkeit und Power schwer zu schlagen. Allen, die Wert auf eine sanfte Dosierbarkeit legen, seien die TRP Quadiem, die Hope-Modelle und die SRAM Guide ans Herz gelegt, die alle eine sehr lineare Bremsleistung bieten. Im unteren Preissegment hat die Power der SRAM Guide T unsere Tester enttäuscht, während die Shimano DEORE wie gewohnt überzeugt.

SRAM CODE RSC Testsieger
Formula Cura Kauftipp

Teuer wird es mit der Trickstuff DIRETTISSIMA, die in ihrer Dosierbarkeit und Bremskraft unerreicht ist, aber leider auch einen wirklich dicken Geldbeutel benötigt. Die besten Allrounder sind in jeder Hinsicht die neuen SRAM CODE-Bremsen. Mit ihrem durchdachten Design liefern sie 100 % der Power kontrolliert und wunderbar dosierbar ab. Die SRAM CODE R ist ein absolutes Schnäppchen, aber wir würden ein bisschen mehr Geld investieren, um den überlegenen SwingLink-Hebel der SRAM CODE RSC zu bekommen, die den begehrten Testsieg abräumt. Mit erstaunlich guter Performance, einem Preis von 124 € und einer obendrein sehr hochwertigen Optik sichert sich die Formula Cura den Kauftipp!

Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #033

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