Baden-Württemberg: Minister Hauk hält an Trail-Verboten fest
Vor 200 Jahren wurde in Baden-Württemberg mit der lenkbaren Laufmaschine von Karl Drais offiziell das Fahrrad erfunden. Eigentlich hätte man sich gerade dort eine schillernde Karriere des Zweirads erwarten dürfen, doch in keinem anderen Bundesland hat das Fahrrad einen schwereren Stand in der politischen Diskussion.
Heute gehört das Fahrrad als Verkehrsmittel in Deutschland mehr zum Stadtbild denn je, und als Freizeitsportgerät hat es sich auch abseits der Straße etabliert. Natürlich gibt es Konflikte – auf den Straßen ebenso wie im Wald und auf den Bergen. Doch Verbotsschilder für Fahrradfahrer sieht man in Deutschland eher selten. In der Regel reicht der gesunde Menschenverstand und ein wenig Sozialkompetenz aus, um es gar nicht erst zu Konflikten kommen zu lassen – oder sie zumindest zivilisiert beizulegen.
Ein unbeugsames Land hört nicht auf, Widerstand zu leisten
Doch gerade das Geburtsland der Draisine, Baden-Württemberg, hat es sich offenbar auf die Fahnen geschrieben, den Fahrradfahrern, besonders den Mountainbikern, den Stand in der Gesellschaft schwer zu machen. Auch im Jahre 2017 ist man im drittgrößten Bundesland der Republik weiterhin davon überzeugt, Mountainbiker von schmalen Wegen restriktiv aussperren zu müssen. Seit über 20 Jahren gilt im Schwabenländle die Zwei-Meter-Regel, als sei sie in Granit gefräst. Sie schreibt vor, dass das Radfahren auf Waldwegen unter zwei Metern Breite nur dann erlaubt ist, wenn es sich um speziell ausgewiesene Mountainbike-Trails handelt. Sonst ist es illegal.
Für die Fahrradsendung "Antritt" des Internet-Radiosenders Detektor.fm hat Antritt-Moderator und BIKE-Mitarbeiter Gerolf Meyer das 200-jährige Jubiläum des Fahrrads zum Anlass genommen, um mit dem baden-württembergischen Minister Peter Hauk über die Zwei-Meter-Regel zu sprechen. CDU-Politiker Hauk, zuständig für Ländlichen Raum, Verbraucherschutz und Landwirtschaft, hat darin seine restriktive Haltung gegenüber Mountainbikern untermauert. Auf Hauks Facebook-Seite hagelte es daraufhin ungewöhnlich viele Kommentare.
Ein paar militante Mountainbiker wollen das unterminieren
Peter Hauk muss sich nach dem Interview heftige Vorwürfe anhören, seine Politik sei Lobby-getrieben und sachlich nicht nachzuvollziehen. So führt Hauk ausschließlich "Nutzungs- und Konkurrenzkonflikte mit den Wanderern" als Rechtfertigung für das pauschale Bike-Verbot an, für die es zwar "Erfahrungsdaten", aber "keine umfassenden Aufnahmen" gibt, "weil das wiederum einen unverhältnismäßig hohen Steueraufwand bedeuten würde."
Auch sein Vorgänger Alexander Bonde von den Grünen ist am Widerstand der Wanderer gescheitert, die ein hohes Unfallpotenzial auf schmalen Waldpfaden sehen. Bonde musste sich 2013 von der Stuttgarter Nachrichten mit folgender offenbarender Aussage zitieren lassen: "Die Wandererverbände in Baden-Württemberg lehnen eine Aufhebung der Zwei-Meter-Regelung deshalb nachdrücklich ab."
Mountainbiken auf Trails ist in Baden-Württemberg die Ausnahme, nicht die Regel. Deshalb ist dieses Bild auch außerhalb Baden-Württembergs entstanden.
Da die Konfliktlage Hauk zufolge aber "auf der Hand" läge, sei es auch "jedem vernünftigen Menschen nachvollziehbar, warum wir das so geregelt haben. Und darum halten wir an dieser Regelung auch fest." Schließlich kenne er, Hauk, "außer ein paar militanten Kritikern … keinen, der diese Regelung ernsthaft bezweifelt."
Durch diese eingeschränkte Sichtweise zog sich Hauk nun nicht nur den Unmut von vier Radverbänden und über 58000 Unterstützern der Online-Petition der DIMB auf sich. Er diskreditierte damit auch die Arbeit all jener, die sich in Vereinen und Institutionen für ein friedliches Miteinander im Wald einsetzen.
Das komplette Interview gibt es hier zum Nachhören: